Italiens Intellektuelle erröten. Zum Teil vor Wut – aber vor allem vor Scham. Es ist ein Vorgang, den man am besten mit dem Begriff Fremdschämen erklärt. Natürlich geht es um Silvio Berlusconi, den Ministerpräsidenten. Die Intellektuellen-Vereinigung „Libertà e Giustizia“ (Freiheit und Gerechtigkeit) hat ihn zum sofortigen Rücktritt aufgerufen. Zu dieser Gruppe zählen Schriftsteller wie Umberto Eco und Claudio Magris, Historiker wie Paul Ginsborg und Verfassungsrechtler wie Gustavo Zagrebelsky. In keiner anderen westlichen Demokratie, heißt es in dem Aufruf, könnte ein Regierungschef, der mit solchen Vorwürfen konfrontiert wurde, „auch nur ein paar Stunden im Amt bleiben“.
Seit Berlusconi an der Macht ist, melden sich die vereinigten Intellektuellen immer wieder kritisch zu Wort. Diesmal fordern sie, der skandalumwitterte Ministerpräsident solle sich vor Gericht verteidigen. Man hoffe in seinem Interesse wie in dem des Gerichtshofes aufrichtig, dass er seine Unschuld beweisen könne. Zugleich rufen die Urheber des Appells den Staatspräsidenten Giorgio Napolitano auf, notfalls (und im Rahmen der Verfassung) in den Konflikt zwischen den Staatsgewalten der Exekutive und der Judikative einzugreifen. Daneben werden von Umberto Eco und seinen Mitstreitern die Oppositionsparteien in die Pflicht genommen: Sie hätten innere Zwietracht zu überwinden und ihre Stimme in einer einzigen Forderung zu vereinen: „Rücktritt“. Die italienische Zivilgesellschaft solle mit Demonstrationen reagieren. Besonders das katholische Lager wird aufgefordert, Druck auf den Vatikan auszuüben, damit der sein öffentliches Schweigen breche.
In dem vom Geschichtswissenschaftler Paul Ginsborg verfassten Text werden schließlich die Freunde Italiens aufgerufen „nicht zu verzweifeln“. Das Land brauche jetzt ihre Solidarität und Hilfe.
Difendiamo la Costituzione, i diritti e la democrazia, puoi unirti a noi, basta un piccolo contributo